Energiewende ist auch Wärmewende

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 36 Energiewende und Klimaschutz in SH

Dazu sagt der energiepolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Detlef Matthiessen:

Zunächst einmal Vielen Dank, Minister Robert Habeck, an Sie und die MitarbeiterInnen des Ministeriums für den Bericht Energiewende und Klimaschutz. Mit 86 Seiten ist das schon fast ein kleines Buch. Mir gefällt dabei der Tenor des Berichts, der sehr sachlich abgefasst ist. Das mag vielleicht etwas trocken und für Manchen langweilig daherkommen. Der Bericht beeindruckt ohne Geschwafel und Gesülze durch seinen deskriptiv-analytischen Stil und so manche Zahl spricht eben für sich.

Ich will mich in meinem Beitrag heute auf den Zusammenhang der verschiedenen Sektoren Strom, Wärme und Verkehr miteinander konzentrieren.

Die Botschaft lautet: Energiewende ist mehr als Strom: Wärmewende und Mobilitätswende gehören dazu. Sie stehen nicht nebeneinander, sondern müssen miteinander verknüpft werden, damit die Energiewende gelingen kann. So manche Zahl spricht für sich: In der Tabelle Seite 14 und der Grafik Seite 16 wird deutlich: Wir haben die Hundertprozentmarke im vergangenen Jahr erreicht. Wir erzeugen bilanziell in Schleswig-Holstein mehr Strom aus Erneuerbaren als wir insgesamt verbrauchen.

Mister Hundert Prozent: Das ist Minister Robert Habeck.

Das 300-Prozent-Ziel, wir wollen dreimal mehr Energie aus erneuerbaren Energien erzeugen als wir verbrauchen, diese strategische Vorgabe ist ehrgeizig aber realistisch. Wir reden dabei nicht von St. Nimmerlein, sondern von der kommenden Legislaturperiode und dem Anfang der darauf folgenden.

Wir haben kaum Zuwachs bei Biogasverstromung. Das finden wir auch richtig wegen der ökologischen Grenzen der Landnutzung. Wir haben Zuwachs bei Strom aus der solaren Strahlung von ca. 100 Megawatt pro Jahr in Schleswig-Holstein. Das könnte deutlich mehr sein, wenn der bundespolitische Rahmen das zuließe.

4,8 Gigawatt installierte Leistung, Windenergie Ende 2014; Das war erreichbar, weil die Windbranche mehr als 1,1 Gigawatt Windkraft im letzten Jahr zugebaut hat. Das bedeutete ein Investitionsvolumen von ca. 1,5 Milliarden Euro in unserem Land.

Wir erzeugen viel Strom und in Zukunft noch mehr aus Erneuerbaren, aus volatiler Erzeugung. Wenn wir aus stochastischer Erzeugung einen ebenfalls schwankenden Strombedarf abdecken, dann haben wir auch große Zeitfenster, in denen wir Strom erzeugen, den der Strommarkt alleine nicht nachfragt. Wir brauchen in Zukunft mehr Lastverschiebung in andere Sektoren.

Flexibilitäten im Strommarkt: Was heißt das?

Steuerbare flexible Lasten, das heißt Folgendes: Wir schaffen Stromverbräuche als „Diener“ des Strommarktes mit

  • Power to Gas (H2, Methan [Erdgas])
  • Power to Heat, Wärmeerzeugung aus Strom (Beispiel Stadtwerke Flensburg und unzählige private Wärmepumpen)
  • Power to Mobility, von der Haustür bis zum Ziel: Elektromobil!

Alle diese Verbrauchsarten können und sollen (vermittelt durch Preissignale des Strommarktes) ihren Verbrauch drosseln oder einstellen, wenn der Strommarkt nach Strom schreit und andererseits Strom nachfragen kann, wenn das Angebot da ist. Energiewende ist auch Wärmewende.

Wärmewende ist kommunal. Wir möchten, dass Kommunen Wärmepläne aufstellen.

Das bedeutet, Kommunen untersuchen, wo es eine hohe Wärmedichte gibt (viele EinwohnerInnen, besonderer Verbrauch, gewerblich etc.), um dann Nahwärmenetze bzw. Objekt-KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) zu planen.

Beispiel Eckernförde: Die Stadtwerke und die gemeinnützige Wohnungsgesellschaft GWU identifizieren mit ihren Daten (Gas- und Stromverkauf) Quartiere, die wärmesaniert werden, also Dämmung, moderne Fenster etc. und anschließend werden die aufgehübschten Wohnblöcke mit KWK-Wärme versorgt (über 90 Prozent Wirkungsgrad). Irgendwo steht ein klitzekleines Häuschen mit dem gasbetriebenen Motor, der Strom macht und dessen Abwärme die Häuser der Umgebung heizt. Die Wärmeleitungen liegen unsichtbar in der Erde.

Beispiel Flensburg: Dort gibt es ein Programm zur Umstellung auf Erneuerbare für die Fernwärmeversorgung. Das geht auch in kleineren Kommunen wie Beispiel Börnsen [ca. 3000 EW] zeigt. (Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH) Stichwort Energiesteuer / Mineralölsteuer: Das geht auch weit über den Verkehrssektor hinaus in Richtung Strom und Wärme.

Das Beispiel Dänemark zeigt mit dem „Energieplan 2000“ aus den späten 90er Jahren den Unterschied. Dort hat eine systematische Steuerpolitik in Verbindung mit Ordnungsrecht zu einem Strom-Anteil aus hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung von weit über 60 Prozent geführt. Deutschland hat den Anteil im gleichen Zeitraum um wenige Prozent auf 13 fast gar nicht steigern können, trotz KWK-Gesetz und Lippenbekenntnissen zur Energiewende. Wir sind in Schleswig-Holstein zwar besser als der Bund, 25 gegenüber 16 Prozent KWK-Anteil unter Anrechnung der kleinen KWK. In Berlin muss mehr für Klimaschutz und Energiewende getan werden.

Wie unsere Autoindustrie von E-Mobilität redet, redet die Bundesregierung von Energiewende. Fakt ist, dass in Deutschland eine Senkung der Treibhausgasemissionen nicht gelingt. Kohleverstromung muss teurer werden, sei es durch Fossilsteuern, eine Verknappung von Emissionszertifikaten oder CO2-Abgaben. Sonst werden umweltfreundliche Erzeugungsarten auf die Verliererseite gestellt, sonst bleibt Klimaschutz nur ein Wort.

Das Gaskraftwerk Irsching mit einem Wirkungsgrad von 60 Prozent steht still, während IGBCE und viele VertreterInnen der Berliner Koalition Gabriel auffordern, älteste Kohle-Dreckschleudern mit Wirkungsgraden unter 30 Prozent am Leben zu halten.

Atom braucht keiner. Kohle braucht keiner. Heizöl wird ausgeschlichen. Gas und KWK ist die Brücke ins Zeitalter einer ausschließlich auf Erneuerbaren fußenden Energiewirtschaft, einschließlich Wärme, einschließlich Mobilität. In fast allen Belangen ist Schleswig-Holstein deutlich besser als der Bundesdurchschnitt. Schleswig-Holstein geht voran und das ist gut so.

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