Ein starker öffentlicher Bankensektor ist finanzpolitisch nachhaltig und ökonomisch ein Standortvorteil

Die aufgewühlte Debatte zur Provinzial hat gezeigt: Der öffentlich-rechtliche Finanzsektor ist den Menschen in Schleswig-Holstein wichtig. Und die Sparkasse ist mehr als nur irgendeine Bank. Die meisten Menschen hatten hier ihre erste Spardose und auch ihr erstes Konto. Doch es geht bei den Sparkassen mehr als nur um Sentimentalitäten.

Es geht um eine wichtige Säule des deutschen Bankensektors. Wir wissen es alle – Sparkassen sind nicht der bloßen Gewinnmaximierung verpflichtet, sondern haben einen öffentlichen Auftrag, der sich am Gemeinwohl orientiert.

Mit ihrer regionalen Verankerung sichern sie die Versorgung mit Krediten und den Zugang zu Privatkonten auch abseits der großen Städte und Finanzmetropolen.

Sie haben eine wichtige sozialpolitische Funktion, denn Sparkassen bieten jedem Menschen ein Girokonto an – unabhängig von der Einkommenssituation. Und die Sparkassen fördern den Mittelstand – jede zweite Existenzgründung in Schleswig-Holstein wird von den Sparkassen unterstützt.

Doch auch wenn der marktradikale Abgesang auf das deutsche Drei-Säulen-Bank-Modell nach der Finanzkrise zum Glück leiser geworden ist – die Privatisierungsgefahr ist noch nicht gebannt. Gerade hier in Schleswig-Holstein nicht. Denn Schwarz-Gelb hat uns ein Sparkassengesetz hinterlassen, das zum Einfallstor für Privatisierung werden kann.

Das Problem ist hinlänglich bekannt, und wir haben zu Oppositionszeiten immer gewarnt: Das Gesetz schafft die Möglichkeit, dass die HASPA Finanzholding Stammkapital von schleswig-holsteinischen Sparkassen kauft. Die HASPA ist zwar eine Sparkasse, aber kein öffentlich-rechtliches Institut.

Sie ist eine Sparkasse nach altem Hamburgischen Recht. Der Einkauf der HASPA könnte also den Einstieg eines Privaten in die Sparkassen bedeuten. Selbst wenn beteiligte Akteure, zum Beispiel die Sparkasse Hohenweststedt, den Rechtsstatus der HASPA anders einschätzen – ist das erst mal nicht entscheidend. Relevant ist, wie die EU das am Ende einschätzt.

Die EU-Kommission hat bereits einmal deutlich gemacht, dass sie die HASPA für privatrechtlich halten könnte, bleibt sie bei dieser Einschätzung, ist nach dem HASPA-Einstieg der weiteren Privatisierung unserer Sparkassen Tür und Tor geöffnet. Dieses Risiko ist einfach zu hoch.

Denn dann könnten andere private Banken, wie Beispielsweise die Commerzbank, die Deutsche Bank oder andere InvestorInnen wegen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit klagen und uns zur weiteren Öffnung der Sparkassen drängen.

Genau deshalb ist auch eine Mindestbeteiligung von bis zu 25,1 Prozent wie es Paragraf 5 Absatz 4 des Sparkassengesetzes bisher vorsieht, problematisch. Wir stehen deshalb vor einer politischen Grundsatzentscheidung welche Bankenlandschaft wir wollen.

Eine Lehre aus der weltweiten Finanzkrise ist doch, dass kapitalgetriebene, deregulierte und entdemokratisierte Banken ihren Teil zum Crash der Finanzmärkte beigetragen haben.

Selbst ehemalige Befürworter der Laissez-faire Politik auf den Finanzmärkten wie der Wirtschaftswissenschaftler an der Yale University Robert Shiller setzen sich jetzt für starke öffentliche Banken wie den Sparkassen ein. Die Stärkung durch öffentliche Banken ist deshalb nicht nice to have, sondern laut Shiller ein absolutes Muss.

Abenteuerlich wurde es bei den Sparkassen vor allem, wenn Sie ihren Grundaufträgen nicht gerecht wurden und sich stärker gaben, als Sie eigentlich waren. Als prominentes Beispiel führt der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman die Deregulierung und weitere Privatisierung der Amerikanischen Sparkassen unter Ronald Reagan an.

Sie sollten dazu führen, durch mehr Eigenkapital widerstandsfähiger zu werden. Doch statt dass die Sparkassen gestärkt wurden, schrieben diese innerhalb von wenigen Jahren, gemessen am BIP, 300 Milliarden Dollar Verluste. Die Rechnung zahlten am Ende die amerikanischen SteuerzahlerInnen.

Auch öffentliche Sparkassen haben in Deutschland in der Finanzkrise Fehler gemacht, aber ohne Sparkassen in öffentlicher Hand und Genossenschaftsbanken wären die Folgen der Finanzkrise in Deutschland dramatischer geworden.

Lassen Sie es mich hier ganz deutlich sagen: ein starker öffentlicher Bankensektor ist finanzpolitisch nachhaltig und ökonomisch ein Standortvorteil. Sparkassen dürfen nicht zu bloßen Finanzbeteiligungen verkommen. Allein der Vertrauensverlust, den Sie zu Recht bei der Bevölkerung erzielen würden, hätte massive Folgen.

Die Küstenkoalition will den öffentlichen Gedanken der Sparkassen wieder stärken. Mit unserem Gesetzesentwurf schließen wir das Einfallstor für die Privatisierung wieder und treffen eine wichtige politische Grundsatzentscheidung, die uns langfristig vor Schaden bewahrt. Unsere Sparkassen sind ökonomisch zu bedeutsam um als Spekulationsobjekte zu verkommen. Es geht darum, das Schlimmste zu verhindern. Deshalb ist es zwar verfahrenstechnisch nicht besonders schön, aber angesichts der drohenden Privatisierung dringend geboten, im Eilverfahren zu handeln.

Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass sowohl der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Schleswig-Holstein, Herr Boll, wie auch der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Herr Fahrenschon, unsere Gesetzesänderung unterstützen.

Wir nehmen aber auch die Sorgen der Angestellten der Sparkasse Hohenweststedt ernst. Für uns spielen Sparkassen auch als Arbeitgeber vor Ort eine wichtige Rolle. Es geht aber um politische Grundsatzentscheidungen und unter Punkt 4 in ihrem Brief an die Fraktionen hält sich der Personalrat die Möglichkeit einer Rückabwicklung der Haspa-Klausel im Falle einer EU-Entscheidung auch offen. Nur könnte es, falls wir warten, bereits zu spät sein.

Aber einfach nur die Tür zuzuschlagen, ist zu einfach. Wir stehen jetzt in der Pflicht, nach Alternativen für die Sparkassen zu suchen. Auch das muss schnell, aber mit der gebotenen Sorgfalt geschehen. Denn die Situation hat sich in der letzten Zeit noch verschlechtert. Drei der 14 Sparkassen in Schleswig-Holstein sind mittlerweile Stützungsfälle.

Die Kapitaldecke der Institute wird immer dünner, wegen hoher Abschreibungen auf die Beteiligung an HSH Nordbank im dreistelligen und bei der Landesbank Berlin im zweistelligen Millionenbereich.

Hinzu kommen die neuen Eigenkapitalanforderungen unter Basel III. Wann genau sie verbindlich werden, ist noch nicht klar – doch dass sie kommen, ist sicher. Der Vorwurf, Herr Koch und Herr Garg, wir würden die Sparkassen jetzt im Regen stehen lassen, während Sie eine praktikable Rettungsmöglichkeit geboten hätten, ist sehr durchsichtig.

Bisher hat Ihr Gesetz keiner einzigen Sparkasse aus der Misere geholfen – ich erinnere nur an die Bauchlandung bei der Kreissparkasse Lauenburg. Der Einstieg der Haspa wurde dort vom Bundeskartellamt untersagt.

Wir müssen andere Wege gehen. Der CDU-Vorschlag, dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband und seinen regionalen Mitgliedsverbänden einen Einstieg in unsere Sparkassen zu ermöglichen, kann einer dieser Wege sein.

Auch der Zusammenschluss zu einer Landessparkasse und Zusammenschlüsse im Länderverbund sollten offen diskutiert werden, denn die kleinteilige Struktur schwächt die Sparkassen zusehens.

Außerdem müssen wir darüber reden, ob die Bildung von Stammkapital überhaupt der richtige und einzige Ausweg ist, um die Eigenkapitalbasis zu stärken.

Die Sparkassen stehen vor grundsätzlichen Fragen, in der Struktur und Ausrichtung.

Gemeinwohlorientierung im Finanzsektor heißt für uns Grüne mehr als Mittelstandsfinanzierung und Sponsoring. Besonders in der Frage des sozial-ökologischen Investments und beim Anlegerschutz sollten die Sparkassen sich reformieren. Auch sie haben ihren KundInnen in der Vergangenheit zu oft Risikoprodukte empfohlen.

Wir werden in dieser Tagung dazu einen wichtigen Beschluss fassen. Alle weiteren Fragen wollen wir Grüne intensiv auch in öffentliche Anhörungen und Veranstaltungen mit den Sparkassen und mit Externen diskutieren. Viel Zeit bleibt nicht, fangen wir also damit an.

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