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In der abschließenden Diskussionsrunde mit den ReferentInnen stand die Debatte um den Wert der Natur im Vordergrund. Mit dabei Uwe Dierking (dritte v.l.) vom Deutschen Verband für Landschaftspflege
In der abschließenden Diskussionsrunde äußerten sich viele TeilnehmerInnen zur Frage, ob und wie der Wert von Artenvielfalt und Ökosystemen zu fassen, erfassen und gesellschaftlich zu vermitteln sei. Dabei gab es sowohl Skepsis als auch Zustimmung zu den Äußerungen des Ministers bezüglich des gesellschaftlichen Nutzens von Naturschutz. Zu den Skeptikern gehörte Fritz Heydemann vom NABU, der darauf hinwies, der Schutz der Natur um ihrer selbst willen sei im Bundesnaturschutzgesetz verankert. Er stellte die Frage, wie denn zum Beispiel das Aussterben einer Käferart, die nur Insektenkundlern überhaupt bekannt sei, hinsichtlich des gesellschaftlichen Nutzens bewertet werden könne. Beate Jessel hielt dem entgegen, eine Wertezuschreibung der Natur sei notwendigerweise immer ein vom menschlichen Wertesystem ausgehender und damit anthropozentrischer Ansatz. Allerdings sei Nutzen nicht auf einen ökonomischen Nutzen zu reduzieren. Herr Czybulka verwies auf die Funktion der Arten innerhalb von Ökosystemen. Tim Diekötter warnte vor einer Beweislastumkehr: Jeder Art sei grundsätzlich ein Wert beizumessen, es sei die Beweislast des Eingreifers oder des Flächennutzers, die Naturverträglichkeit der Nutzung nachzuweisen. Herr Schmidt-Moser vom MELUR bemerkte, das eigentliche Ziel des Ansatzes der TEEB-Studie (ökonomische Bewertung von Biodiversitätsleistungen) sei nicht, die ökonomische Verwertbarkeit von Natur zu messen, sondern die Wertschätzung dessen, was Ökosysteme für uns leisten, zu fördern. Herr Röder unterstützte dies, nicht jeder Wert sei monetär, die Schwierigkeit entstünde dann, wenn Wert mit Geldwert gleichgesetzt würde. Frau Jessel merkte dazu an, die Zahlengläubigkeit vieler Journalisten und Politiker trüge dazu bei, dass dieser Ansatz oft missverstanden werde.
Angesprochen wurde außerdem die FFH-Richtlinie der EU und deren Umsetzung. Sowohl Herr Czybulka als auch Herr Kreiser sehen trotz bestehender Umsetzungsdefizite keine Veranlassung, die Richtlinie oder die Arten- und Biotoplisten der Anhänge zu überarbeiten. Es seien in diesem Jahr erste Erfolge erkennbar, seitdem in einigen Gebieten mit der Umsetzung von Managementplänen begonnen wurde. Ein gutes Managememt der bestehenden Gebiete zu etablieren solle daher zunächst Vorrang haben vor neuen Grundsatzdebatten. Auch Herr Dierking vom Deutschen Verband für Landschaftspflege stimmte dieser Ansicht zu.
Herr Wälter vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und ländliche Räume (LLUR) sprach sich dafür aus, strategischer in die Zukunft zu blicken und regte dazu an, eine ökologische Raumplanung zu etablieren, die sowohl den Schutz der Biodiversität als auch den Boden-, Gewässer- und Klimaschutz berücksichtige. Damit erntete er viel Zuspruch, sowohl auf dem Podium als auch bei den ZuhörerInnen. Nach Ansicht von Herrn Czybulka sei man in diesem Punkt in Nordamerika wesentlich weiter als in Europa, dort gäbe es eine funktionierende integrative Raumplanung.
Angesprochen wurde auch das Thema Umweltbildung Nach Ansicht einer Teilnehmerin aus Norderstedt ist Naturnähe genauso existenziell für die kindliche Entwicklung wie Vater und Mutter. Daher müsse auch im städtischen Bereich der Naturschutz mehr Gewicht bekommen. Petra Krings pflichtete ihr bei und sprach von „Wohlstandsverwahrlosung“ in emotionaler und sozialer Hinsicht in vielen Städten.
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit kam das Thema Naturschutzfinanzierung bzw. Zukunft der Agrarförderung etwas kurz. Zum Abschluss der Diskussion appellierte Uwe Dierking, der Naturschutz müsse sich jetzt schon aktiv an der Debatte um die Umgestaltung der Agrarförderung beteiligen. Das Fördersystem sei von den Füßen auf den Kopf zu stellen.
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Fraktion SH