Mit unerwartet großem Publikum begann die Veranstaltung des Bildungsausschusses – es konnte ja keiner voraussehen, wie hoch das Interesse am Thema „Wie der digitale Wandel das Lernen in der Schule verändern kann“ ist.
Nach einer Begrüßung durch Anke Erdmann, die sich trotz Grippe ins Landeshaus geschleppt hatte, gab Jöran Muuß-Merholz im ersten Vortrag einen Einblick, was technisch alles schon möglich beziehungsweise in der Entwicklung ist. Mir ist ja schon klar, dass ein Handy eigentlich nicht mehr Handy genannt werden kann – es wurde passenderweise als „Hermines Handtasche mit unaufspürbarem Ausdehnungszauber“ bezeichnet (wer Harry Potter nicht kennt, dem ist wahrscheinlich aber die Mary Poppins Bag bekannt). Mir ist auch klar, dass ich nicht mehr auf dem neusten Stand bin, aber meine Augen weiteten sich trotz meiner mir bekannten Wissenslücke.
Die Erkenntnis, dass ein Handy eigentlich ein Computer ist, führte Jöran Muuß-Merholz zu einer weiteren Frage: Wie sinnvoll ist ein Verbot noch, wenn man weiß, dass schon jetzt fast jeder Schüler einen kleinen Computer in der Hosentasche hat, und ist es überhaupt möglich?
Wie die Technik Schule aber jetzt schon verändert, haben die zwei Beispiel gezeigt:
Das Pilotprojekt Paducation startete im August 2011 indem alle Schüler der 11. Klasse des Kurt-Körber-Gymnasiums in Hamburg-Billstedt mit einem Leih-Tablet-PC ausgestattet wurden. Die Regeln sind einfach: zu Schulbeginn müssen die Tablets geladen sein und genügend freien Speicherplatz zur Verfügung haben. Sie dürfen auch für private Zwecke genutzt werden, müssen aber am Ende der Schulzeit wieder abgegeben werden.
Ein gewagtes, aber erfolgreiches Experiment. Schulleiter Christian Lenz und sechs SchülerInnen berichteten über ihre Erfahrungen mit Foto- und Videobearbeitung, Mathematikprogrammen, Präsentations- und Blogerstellung, bis hin zu Musikbearbeitungs- und -aufnahmeprogrammen. Und nach ein paar Wochen scheint – nach eigener Aussage der Schüler – die Aufregung um die iPads zum größten Teil verflogen zu sein. Denn schließlich gibt es auch „analoge“ Möglichkeiten, sich vom Unterricht abzulenken…
Zuletzt zeigte Jens Lemke am Beispiel seines Englischunterrichtes mit SchülerInnen auf den Halligen welche Chance der digitale Wandel für Schulen im ländlichen Raum bedeuten kann. Das Problem hat er schnell dargestellt: 14 Schüler in fünf Klassen und auf Niveau von drei Schularten. Dazu regelmäßige Überschwemmungen, die Unterricht vor Ort oft unmöglich machen.
Deshalb kommunizieren SchülerInnen und Lehrer regelmäßig per Webkonferenz. Dazu wurden in mühsamer Arbeit die Materialien digitalisiert und auf eine Lernplattform gestellt – so haben die SchülerInnen sogar die Möglichkeit, selbstständig und flexibel den Unterricht noch einmal durchzuarbeiten und zu verinnerlichen. Auch wenn Pädagogen vor Ort sie dabei unterstützen und die verantwortlichen Lehrer mindestens zwei Mal im Jahr einen Besuch abstatten, fordert das natürlich ein gewisses Maß an Selbstständigkeit. Einen Artikel über die „Englisch-Pioniere“ findet sich hier.
Ich denke nicht, dass diese Form des Unterrichtes das Ziel einer zukünftigen Bildungsreform sein sollte, aber wir sollten den technischen Fortschritt endlich als Chance begreifen und den SchülerInnen zeigen, wie man verantwortungsvoll mit Internet, Handy und Co. umgehen kann – ohne dass die Kinder verlernen, einen Stadtplan zu verwenden, im Kopf zu rechnen oder einfach nur auf der Wiese Fußball zu spielen.
Dieser Wandel sollte meiner Meinung nach auch Konsequenzen für den Lehrplan haben. Denn welchen Sinn macht alleiniges Faktenlernen noch, wenn Wissen überall und jederzeit verfügbar und auch immer schneller vergänglich ist? Und sollten wir unseren SchülerInnen nicht eher Methoden beibringen und mit dem vorhandenen Wissen umzugehen beziehungsweise die Informationen zu bewerten?
Marika Fiedler, Mitarbeiterin für Bildungspolitik
Fraktion SH


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Warum diskutieren wir nicht
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