Der öffentliche Verkehr gehört in den Mittelpunkt öffentlicher Debatten

Es gilt das gesprochene Wort!

 

TOP 10 + 39 – Erhöhung der Regionalisierungsmittel; Länder, Bund und Kommunen sind für den ÖPNV der Zukunft gemeinsam in der Verantwortung

 

Dazu sagt die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die Klimakrise zeigt ihre Folgen aktuell drastischer denn je. Während wir jetzt mit den Folgen lang verfehlter Energiepolitik umgehen müssen, war der Sommer mal wieder der heißeste, den wir je erlebt haben. Und während wir hier versuchen, die Auswirkungen unmittelbarer Krisen abzumildern, nehmen die künftigen Folgen der Klimakrise mit jedem Tag zu, an dem wir so viel CO2 ausstoßen wie bisher.

 

Doch im Gegensatz zu anderen akuten Krisen haben wir es bei der Klimakrise selbst in der Hand. Wir wissen sehr genau, welche Maßnahmen wir ergreifen müssen, um CO2 einzusparen und wir wissen, dass bereits über ein Grad Erwärmung unumkehrbar eingetreten sind. Mit drastischen Folgen, wie wir sie aktuell noch nicht für vorstellbar halten.

 

Und ganz besonders im Verkehrssektor brennt die Hütte.

 

Der Verkehrssektor hat seit 1990 keine nennenswerten Emissionen eingespart. Durch den einseitigen Fokus auf einzelne Verkehrsmittel wurden Investitionen in den öffentlichen Verkehr eingekürzt und die Mittel lange Zeit primär für Straßeninfrastruktur ausgegeben. Schienen wurden rückgebaut und Buslinien eingestellt.

 

Viele Jahre wurde sich bei klimapolitischen Maßnahmen auf andere Sektoren konzentriert und der Verkehrssektor ausgespart. Dafür haben wir keine Zeit mehr und das Fazit sehen wir am Schienennetz in ganz Deutschland. An allen Stellen fehlt es an Investitionen.

 

Durch das Neun-Euro-Ticket wurde der öffentliche Verkehr nun dahin gerückt, wo er hingehört: In den Mittelpunkt öffentlicher Debatten. Die Menschen zeigen gerade eindeutig, dass sie umsteigen möchten. Aus Klimagründen. Und aus Kostengründen. Diese Möglichkeit möchten wir ganz deutlich unterstützen!

 

Deshalb finden wir es auch wichtig, dass das Ministerium die Gespräche über eine Nachfolgelösung des Neun-Euro-Tickets führt und eine Einigung anstrebt. Wir als Land werden die Nachfolgelösung nicht blockieren.

 

Aber das Neun-Euro-Ticket hat auch den Ruf nach einem öffentlichen Verkehr, der auch auf die Nutzung vieler Menschen ausgerichtet ist, sehr viel lauter werden lassen.

Und diesen haben wir aktuell noch nicht, das hat das Neun-Euro-Ticket ganz deutlich gezeigt.

 

Ich halte es aber für viel zu einfach, zu sagen, das Neun-Euro-Ticket wäre ungerecht für alle Menschen, bei denen der ÖPNV noch nicht ausreichend ausgebaut ist, während die notwendigen Mittel aus dem Bund, die genau für diesen Ausbau vorgesehen sind, noch immer ausbleiben.

Wenn Anreize Menschen in den öffentlichen Verkehr bringen sollen, dann brauchen wir jetzt die entsprechenden Investitionen, die die notwendigen Anreize setzen.

 

Deswegen ist es jetzt unsere Aufgabe, einen gut funktionierenden, schnellen und pünktlichen öffentlichen Verkehr als Grundlage für eine Verkehrsverlagerung voranzutreiben.

Wer schnell mit Zug oder Bus von A nach B kommt, lässt eher das Auto stehen. Und das größte Potential zum Einsparen liegt im Regionalverkehr.

Das heißt: Wer Menschen zum Umsteigen bewegen möchte, muss den Nahverkehr stärken! Was bringt uns ein Deutschlandtakt, wenn Pendler*innen mit der Bahn nicht die nächste Stadt erreichen? Oder dreimal umsteigen müssen?

 

Wir haben in Schleswig-Holstein mit dem OdeS Gutachten eine ideale Grundlage dafür entwickelt. Alle notwendigen Daten liegen uns vor. Wir haben einen Landesnahverkehrsplan erstellt und die Projekte priorisiert. Doch der Landesnahverkehrsplan reicht in seiner aktuellen Form nicht aus, um unsere Klimaziele einzuhalten. Wir brauchen noch deutlich mehr.

 

Das Einzige, was wir bislang nicht haben, sind die notwendigen Mittel. Und nun sorgt die Energiekrise für starke Preissteigerungen im ÖPNV. Ohne eine finanzielle Kompensation werden wir Verkehre abbestellen müssen. Das kann und darf nicht unsere Antwort auf die Energiekrise sein.

 

Und ganz ehrlich: Eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel in der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Höhe, die für die Anschlusslösung des Neun-Euro-Tickets, Kompensation der massiven Preissteigerungen und für den dringend nötigen Ausbau gleichzeitig aufkommen soll, ist doch wieder ein Paradebeispiel dafür, wie der öffentliche Verkehr zusammengespart wird. Das reicht vorne und hinten nicht!

 

Und ja, wir können sehr gerne beim kommenden Haushalt darüber diskutieren, wie wir auch mehr eigene Landesmittel für den öffentlichen Verkehr einplanen können, dafür werde ich mich mit Sicherheit einsetzen. Was wir allerdings nicht können, ist, mit Landesmitteln die gesamte Verkehrswende zu finanzieren. Der Bund hat sich bei der Übertragung der Zuständigkeit des ÖPNVs auf die Länder dazu bekannt, die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen.

 

Es braucht also Rückenwind vom Bund. Da sind sich alle Länder einig. Und eigentlich auch der Bund, so steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Also, wenn wir jetzt die Weichen dafür stellen wollen, dass Menschen künftig klimaneutral mobil sein können und eine Ausweichmöglichkeit bei hohen Spritpreisen bekommen, müssen wir wirklich loslegen.

 

Ich würde mich freuen, wenn wir hier ein gemeinsames Signal senden, wie es so viele andere Länder mit gleicher Problematik auch tun.

 

Vielen Dank!

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