Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 16 – Praxis der Kettenverträge beenden
Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Kettenverträge, das hört sich schlecht an. Ich selbst war übrigens in einer dieser Kettenvertragssituationen, weiß also sehr genau, worüber ich hier rede. Und dem habe ich mich auch noch freiwillig ausgesetzt. Befristete Verträge gehören zu den Reizwörtern der Arbeitskultur. Befristete Verträge können jedoch gute Gründe haben: Eine Elternzeitvertretung, Mutterschutzvertretung, Vertretung bei längerer Krankheit, Teilzeitarbeit oder ein Sabbatjahr. Das sind alles gute Gründe für eine befristete Stelle. Meine Vor-Vorgängerin als bildungspolitische Sprecherin, Anke Erdmann, hat 2013 hier an dieser Stelle gesagt, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: „Wir alle sprechen über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und freuen uns über Elternmonate. Die Befristung von Lehrkräften ist aber genau die Kehrseite dieser Medaille.“ Zitat Ende.
Wenn Lehrkräfte Elternzeit nehmen, dann braucht es Ersatz, und zwar befristet, denn diese Lehrkräfte kommen ja wieder und wollen zurück auf ihre Stelle und sie haben eben gute Gründe für ihr Fernbleiben.
Ich will Kettenverträge aber nicht schönreden. Vor der Landtagswahl habe ich selbst mit zwei befristeten Verträgen vorübergehend als Vertretungslehrkraft gearbeitet, weil ich auf einen Referendariatsplatz gewartet habe. Und es ist eben nicht so, dass Vertretungslehrkräfte wissen, wo sie in einem halben Jahr arbeiten. Es bleibt immer ein Gefühl von Unsicherheit, was nach Ablauf des Vertrags geschieht.
Unsere Vision ist also klar: Jeder qualifizierten Lehrkraft soll auf ihren Wunsch so schnell wie möglich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten werden. Wir können es uns nicht leisten, gute Lehrkräfte zu verlieren, weil wir ihnen als Land kein gutes Angebot machen. Eine unbefristete, reguläre Planstelle bleibt für uns der Königsweg im Lehrer*innenberuf. Das ist wichtig für die Verlässlichkeit der Schule, der Lehrkraft und es ist wichtig für die langfristige pädagogische und fachliche Beziehung zu den Schüler*innen.
Mit dem Antrag der FDP wird jedoch suggeriert, fertig ausgebildete und studierte Lehrkräfte könnten keine unbefristete Stelle in Schleswig-Holstein bekommen. Dieses Bild halte ich schlichtweg für falsch. Es verkennt die Realität des Lehrkräftemangels. Allerdings ist es ein im Land ungleicher Mangel. Es gibt viele unbefristete Stellen, die für Lehrkräfte ausgeschrieben sind. Kommen Sie mal zur mir nach Steinburg und Dithmarschen. Dort bekommen sie schnell eine unbefristete Stelle.
In unserem Alternativantrag steht eindeutig, dass wir aufeinanderfolgende, befristete Arbeitsverträge, die so genannten „Kettenverträge“, weiter reduzieren wollen.
Die Gründe, warum es zu aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen kommt, sind genau so unterschiedlichen wie die Qualifikationen und Motive derjenigen, die auf befristeten Stellen arbeiten: Lehramtsstudierende arbeiten während ihres Studiums mit befristeten Verträgen aushilfsweise an Schulen. Hochschulabsolvierende überbrücken eine Wartezeit auf das Referendariat mit befristeten Verträgen. Das sind die sogenannten 0. Semester. Menschen mit dem zweiten Staatsexamen warten auf eine Planstelle in der Nähe zu ihrem Wohnort. Und es gibt Menschen, die befristet als Vertretungslehrkräfte arbeiten, weil sie die Voraussetzungen für eine Planstelle nicht erfüllen.
Für die zuletzt genannte Gruppe haben wir mit den Möglichkeiten des Seiten-, Quer- und Direkteinstiegs Wege in den Lehrer*innenberuf geöffnet. Wir sehen aber auch, dass diese Wege nicht allen Vertretungslehrkräften offenstehen, zum Beispiel weil die Kapazitäten für den Quereinstieg begrenzt sind. Hier müssen wir uns die Einzelfälle ganz genau ansehen, um zu schauen, ob und wie wir diese Menschen dauerhaft beschäftigen können, ohne Qualitätsstandards, die es für diesen Beruf bedarf, über Bord zu werfen.
Meine Damen und Herren, wir haben es hier mit einer echt komplexen Fragestellung zu tun. In unserem Antrag steht deutlich und das ist mir besonders wichtig: Für Vertretungslehrkräfte, Quer- und Seiteneinsteiger*innen und Lehrkräften mit befristeten Verträgen braucht es Informationen zur Begrenzung der befristeten Verträge, zu Qualifizierungsmöglichkeiten und Perspektiven im Lehramt. Ich wünsche mir bessere Informationen und Transparenz zu Verträgen und dem Beruf.
Die in unserem Antrag genannten Qualifizierungsangebote sind wichtig, um eine dauerhafte Perspektive im Lehramt zu bieten. Sie müssen während des ersten Vertrages starten und für alle verfügbar sein. Qualifizierung ist der Schlüssel zum pädagogischen und didaktischen Erfolg, aber auch der Grundstein für eine langfristige Perspektive im Lehramt mit unbefristeter Anstellung. Wir müssen die Vertretungslehrkräfte von Beginn an systematisch beraten, einen Qualifizierungsplan entwickeln und das Informationsangebot verbessern.
Die unbefristete Besetzung von regulären Planstellen ist der Königsweg. Vertretungen und damit unbefristete Verträge von unterschiedlicher Länge werden an Schulen immer notwendig und in vielen Fällen auch sinnvoll sein. Qualifizierung von dringend benötigtem Lehrpersonal und sinnvolle Einzelfallentscheidungen braucht es, wenn eine Vertretungslehrkraft noch nicht für eine unbefristete Planstelle qualifiziert ist. Gute und engagierte Leute mit Potenzial wollen wir an den Schulen halten und eine Perspektive eröffnen.
Vielen Dank!
Fraktion SH


