Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 17 + 22 + 36 + 45a – Mittelstand entlasten; Kita-Gebühren jetzt senken, Pakt mit dem Handwerk; Bericht zur Ministerpräsident*innenkonferenz
Dazu sagt die klimapolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,
vor einem Monat haben wir hier im Haus über Entlastungsvorschläge diskutiert. Wir haben deutlich gesagt, dass wir ein Paket verabschieden, sobald wir wissen, welche Lücken im Bund zu füllen sind. Und siehe da, zwei Tage nach Veröffentlichung des Bundesentlastungspaketes sind wir mit Initiativen gekommen. Das zeigt, dass wir hier in Schleswig-Holstein handlungsfähig und schnell sind, ohne dabei voreilig zu sein. Und das ist in dieser Zeit wirklich wichtig.
Diese Krise hat zwei große Aspekte: Die sozialen Härten, die viele Menschen jetzt immer mehr spüren, und die Energieabhängigkeit, die uns erst in diese Lage gebracht hat.
Unser Entlastungspaket nimmt beide Krisen in den Fokus - und das ist genau richtig so. Wir können nicht immer wieder kurzfristig handeln und dabei die langfristigen Maßnahmen aus dem Blick nehmen. Wir müssen jetzt Krisenprävention betreiben und nicht immer nur reagieren. Sonst haben wir beim Klimaschutz keine Chance.
Diese langfristigen Klimaschutzmaßnahmen schaffen wir nur gemeinsam mit dem Handwerk, da sind wir uns einig. Wir müssen, die Menschen, die die Wärmewende umsetzen, wertschätzen und ihre Expertise einbinden.
Wir haben deshalb auch mit Handwerker*innen gesprochen. Es wurden Absprachen zur Umsetzung und Priorisierung von Aufträgen getroffen, das steht auch im Pakt. Doch bestehende Aufträge angesichts der Schwierigkeiten von Materialbeschaffung und langer Lieferzeiten können nicht immer einfach gekippt und geändert werden. Zumindest nicht, wenn das Ziel die schnellere Umsetzung von Energiespar- und Wärmewendemaßnahmen ist.
Auch ein reiner Fokus auf den Austausch von Fenstern oder hydraulische Abgleiche ist eben nicht sinnvoll, denn das sind nicht immer die geeignetsten Einsparmaßnahmen für ein Gebäude. Hier braucht es eine individuelle Betrachtung und Beratung, die in der Regel das Handwerk am besten liefern kann.
Das Ziel, Menschen mit geringen Einkommen gezielt bei der Wärmewende zu unterstützen, teilen wir. Doch eine effektive Maßnahme, das zu tun, sie haben es selbst in der Debatte zur Regierungserklärung genannt, ist die Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen. So können viele Haushalte, gerade mit mehrheitlich Mietwohngebäuden, gemeinsam dekarbonisiert werden. Genau das tun wir, wie im Koalitionsvertrag beschlossen, mit unserem kommunalen Wärmewendefonds und gemeinsam mit den Kommunen.
Die immer wieder aufkommende Kritik zu Förderungen von privaten Klimaschutzmaßnahmen wiederum ist mir nicht nachvollziehbar. Sie sagen, nur Menschen, die sich die Maßnahmen leisten können, profitieren davon. Doch genau dafür wollen wir eine doppelte Prüfung, damit Menschen eine Finanzierungssicherheit gewährleistet wird, wenn sie die Investition nicht selbst gewährleisten können.
Gleichzeitig ist es aber doch wichtig, anzuerkennen, dass Wärmepumpen, dass Batteriespeicher, und dass Solaranlagen wichtige Klimaschutzinstrumente sind und eben keine Luxusmaßnahmen. Wer hier immer wieder von Gutverdiener*innenprogrammen spricht und Klimaschutzförderprogramme als überflüssigen Luxus darstellt, hat vielleicht noch nicht verstanden, wie wichtig Klimaschutz für die soziale Gerechtigkeit ist.
Hydraulische Abgleiche können sinnvoll sein, sind aber eben kein Schritt in Richtung Wärmewende. Bei dieser sind wir auf die Investitionen von Eigentümer*innen im privaten Bereich angewiesen.
Kurz noch zum Mittelstandssicherungsfonds: Ein solcher Fonds wurde während Corona genutzt, um gezielte Lücken der Bundeswirtschaftshilfen zu schließen. Für die Bereiche Gastronomie und Hotelgewerbe gab es 300 Millionen Euro.
Nun soll der Fonds für alle kleinen und mittelständischen Unternehmen geöffnet werden, und zwar bevor wir wissen, wie die Entlastung für kleine und mittelständische Unternehmen im Bund aussehen wird. Den Entlastungen aus dem Bund soll also wieder vorweggegriffen werden, und zwar so unzielgerichtet und unkonditioniert, dass 500 Millionen Euro wahrscheinlich nicht mal ausreichen würden.
Aber im Bund ändert sich ja auch gerade einiges, seit wenigen Tagen fordert jetzt auch Christian Lindner einen Gaspreisdeckel. Das ist auch die deutlich gerechtere Maßnahme als eine pauschale Senkung aller Steuern auf fossile Energieträger, ganz nach dem Motto: Wer am meisten verbraucht, bekommt auch am meisten - ohne Anreiz zum Sparen.
Deshalb gilt auch bei den Wirtschaftshilfen: Wir warten die Debatte um geeignete Hilfen und einen eventuellen Gaspreisdeckel ab und füllen dann landesseitige Lücken.
Vielen Dank
Fraktion SH


