Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 22 - Europäisches Jahr der Entwicklung
Dazu sagt der europapolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
Bernd Voß:
Wir leben in unruhigen und schwierigen Zeiten, die globalen Herausforderungen spitzen sich zu.
Die Mahnungen, dass die Weltgemeinschaft sich zusammenraufen muss, dass wir die enormen sozialen, ökologischen und ökonomische Herausforderungen nur gemeinsam und nur durch kohärente Strategien meistern können, sind nicht neu.
Wir müssen lernen, die Krisen zusammen zu denken. Klima- und Hungerkrise sind nicht weg, nur weil die Ukrainekrise und die ISIS sie aus den Medien verdrängen.
Bereits in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat zum Beispiel der „Club of Rome“ mit seinem Bericht über die Grenzen des Wachstums eindringlich darauf hingewiesen.
Im Jahr 1992 fand dann der sogenannte Erdgipfel in Rio der Vereinten Nationen statt. Seitdem hat der Begriff „Nachhaltigkeit“ stete Konjunktur. Aber ein konsequentes Umdenken können wir leider nicht beobachten.
Zur Jahrtausendwende haben die Vereinten Nationen dann Entwicklungsziele für das Jahr 2015 formuliert, die sogenannten Millenniumsziele, sie lauten:
- Bekämpfung von Armut und Hunger
- Schulbildung für alle
- Gleichstellung der Geschlechter
- Senkung der Kindersterblichkeit
- Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Mütter
- Bekämpfung von AIDS und Malaria
- Ökologische Nachhaltigkeit
- Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung
Das Zieljahr haben wir erreicht, die Ziele größtenteils verfehlt. Der Handlungsbedarf ist eher größer geworden. Ein neuer bzw. überarbeiteter Zielkatalog für das Jahr 2030 ist in Arbeit.
Diese Ziele dürfen wir, trotz Finanzkrisen und trotz notwendiger Sparmaßnahmen, nicht aus den Augen verlieren. Das Ziel 0,7 Prozent des Bruttoinlandproduktes als öffentliche Ausgaben für Entwicklungshilfe zu verwenden, hat den 40. Jahrestag seiner Nichterfüllung bereits hinter sich. 1970 hat die UN Vollversammlung erstmals den Beschluss gefasst. Die EU- Staaten haben ihn für sich 2005 bestätigt.
Auch die Wirkung unserer Politik müssen wir überdenken. Unsere Handels- und Finanzpolitik, unser Wirtschafts-, Agrar- und Fischereipolitik, unsere Energie- und Rohstoffpolitik haben großen Einfluss auf Entwicklungschancen oder Absturz in den Ländern des Südens.
Auch, wenn Entwicklungspolitik in erster Linie Aufgabe des Bundes und der EU sind, haben auch die Länder eine Mitverantwortung. Das haben die Ministerpräsidenten zuletzt 2008 gemeinsam bestätigt. Der Schwerpunkt solle auf die Entwicklungsarbeit nach innen gerichtet sein.
Wir erleben zurzeit, dass Menschen auch in unserem Land in Abschottung, Ausgrenzung und Rückzug auf nationale Denkschemata die vermeintliche Lösung sozialer Probleme sehen.
Diese Kurzschlussreaktion ist vielleicht aus psychologischer Sicht erklärbar, aber diese Haltung führt in eine Sackgasse.
Gleichzeitig wächst aber auch bei vielen Menschen das Bewusstsein, dass wir in einer Welt leben und dass wir nur friedlich und in Wohlstand leben können, wenn wir anderen ihrer elementaren Rechte, die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse, nicht vorenthalten.
Es wächst der Wunsch bei vielen Menschen, sich für globale Gerechtigkeit einzusetzen, gerade auch bei jüngeren Menschen. Und sie setzen sich dafür ein, sie vernetzen sich international, sie vernetzen sich interkulturell. Das macht mir Hoffnung. Und das Europäische Jahr der Entwicklung wird dazu beitragen, dass noch mehr Menschen sich auf diesem Weg machen.
Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft – so lautet das Motto des Europäischen Jahres der Entwicklung. Ich finde es ein sehr treffendes Motto. Wir sind aufgerufen, unseren Beitrag dazu zu leisten.
Ich halte es aber auch für geboten, dass wir uns im Europaausschuss noch weiter mit dem Thema und möglichen weiteren Initiativen und Aktivitäten befassen. Ich schlage vor, dass wir u.a. auch das „Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein“ als Dachverband der entwicklungspolitischen Gruppen und Initiativen im Land dazu einladen.
Das Bündnis hat im letzten Jahr sein 25-Jähriges Jubiläum gefeiert. Dazu gab es viele dezentrale Aktivitäten und auch eine Veranstaltung im Landeshaus, an der einige von uns teilgenommen haben. Die mehr als 80 Mitgliedsgruppen leisten durch ehrenamtliches Engagement eine großartige Arbeit. Diese besteht zum Teil darin, Partnerorganisationen und Projekte in verschiedenen Ländern, durch ganz praktische Hilfe und durch Spenden zu unterstützen, zum Teil auch in Bildungsarbeit hier im Land.
Ein Aspekt der Entwicklungsarbeit, der meiner Ansicht nach genauso notwendig ist wie die direkte Hilfe. Denn auch bei uns muss sich was ändern, damit woanders die Menschen eine Perspektive für eine lebenswerte Zukunft bekommen.
Diese ehrenamtliche Arbeit, wie auch die vielen kommunalen Partnerschaften, verdient unsere Anerkennung und unseren Respekt. Ich danke Ihnen.
Fraktion SH

