Es gilt das gesprochene Wort.
TOP 24 – Europäisches Jahr für Bürgerinnen und Bürger 2013
Dazu sagt der gesundheitspolitische Sprecher
der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß
Das kommende Jahr 2013 ist von der EU-Kommission zum Europäischen Jahr für Bürgerinnen und Bürger erklärt worden. Ketzerisch könnte ich da fragen: weshalb hat die EU das nötig? Ist in einer demokratisch verfassten Gesellschaft nicht jedes Jahr ein Jahr der Bürgerinnen und Bürger? Was würden wir sagen, wenn etwa bei Edeka oder bei C&A die Woche der Kunden und Kundinnen ausgerufen würde?
Also worum geht es? Die EU-Kommission sagt dazu, ich zitiere von der Website: ,,Je besser die Männer und Frauen in Europa ihre Rechte als EU-Bürgerinnen und - Bürger verstehen, desto bewusstere Entscheidungen können sie in ihrem täglichen Leben treffen und desto intensiver wird das demokratische Leben in Europa auf allen Ebenen.
Das klingt für mich erst mal schwer verständlich weil abstrakt und unkonkret. Hier gilt es für die Träger der europapolitischen Bildungsarbeit, und vielleicht sollten wir uns als Parlament auch angesprochen fühlen, dies mit konkreten Inhalten zu füllen.
Die wenigsten Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner mit deutschem Pass sind sich wahrscheinlich im Klaren darüber, dass sie neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch über die Unionsbürgerschaft verfügen und dass ihnen da- raus Rechte und Vorteile entstehen.
Die Unionsbürgerschaft wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1993 eingeführt, also vor bald 20 Jahren. Die Idee, die dahinter steckt ist: jeder Bürger und jede Bürgerin eines EU-Mitgliedsstaates soll in jedem EU-Mitgliedsstaat die vollen Bürgerrechte genießen, egal ob er oder sie sich gerade im europäischen Ausland auf Reisen befindet, dort studiert oder vielleicht sogar dauerhaft lebt und arbeitet.
Eine, wie ich finde, überzeugende Idee, die zwar noch nicht zu 100 Prozent verwirk- licht ist, aber es wurden doch in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erzielt. Zum Beispiel was den freien Personenverkehr betrifft, den Zugang zu Bildungsein- richtungen und Gesundheitsversorgung, die gegenseitige Anerkennung von Berufs- abschlüssen oder das Recht, an Kommunalwahlen teilzunehmen.
Die Träger der europapolitischen Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, um die geht es ja hier in unserem Antrag, leisten eine sehr wichtige Arbeit. Sie tun dies seit einigen Jahren und sie werden es hoffentlich auch über das Jahr 2013 hinaus tun.
Die Arbeitsbedingungen haben sich allerdings in den letzten Jahren verschlechtert. Insbesondere sind die finanziellen Zuwendungen des Landes erheblich gekürzt wor- den.
Wir müssen da auch bei den Haushaltsberatungen noch mal genauer hinschauen. Ich wünsche mir jedenfalls, dass die Landesregierung und die Bildungsträger sich an diesem Europäischen Jahr für Bürgerinnen und Bürger beteiligen.
Ich wünsche mir viele spannende Veranstaltungen, die möglichst konkret vor Augen führen, wie wir als Schleswig-Holsteiner Bürger und Bürgerinnen unsere Rechte in Europa wahrnehmen können.
Ein spannendes Thema wäre zum Beispiel das Instrument der europäischen Bürger- initiative. Das ist eine Art grenzüberschreitenden Bürgerbegehren, das seit April 2012 möglich ist. Ein Stück direkte Demokratie in Europa.
Und wir könnten hier im Landtag auch einen ganz konkreten Beitrag leisten, etwa in- dem wir uns mit dem Vorschlag der Europa-Union für ein Wahlrecht zum Landtag für Staatsbürger von EU-Mitgliedsstaaten befassen, die in Schleswig-Holstein leben. Dies wäre sicherlich im Sinne des Gedankens der Unionsbürgerschaft.
Europapolitische Bildungsarbeit ist enorm wichtig. Sie muss aber mit Inhalt gefüllt sein. Ich frage mich, woran es liegt, dass Europapolitische Bildungsarbeit häufig, ebenso wie europapolitische Reden, merkwürdig substanzlos und unpolitisch daher- kommt. Ich halte das für einen Fehler. So fördern wir nicht das Interesse an europäi- schen Themen.
Im Europaparlament finden oft hochspannende Debatten statt, zu Fragen, die uns auch hier im Land konkret ganz stark betreffen. Leider wird darüber hier im Land viel zu wenig informiert. Wir haben eben noch keine europäische Öffentlichkeit, so heißt es dann immer. Aber diese Öffentlichkeit entsteht nicht von selbst. Auf dem Gebiet ist also noch einiges an politischer Bildungsarbeit zu leisten.
Fraktion SH

